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Wenn die Leine zum Problem wird...
Eine der am häufigsten auftretenden Verhaltensproblematiken ist die Leinenaggression. Jetzt könnte man spitzfindig sein und sagen, eigentlich müsste es ja Aggressionsverhalten an der Leine heißen. Denn das Wort Leinenaggression würde ja bedeuten, der Hund wäre der Leine gegenüber aggressiv. Das Verhalten richtet sich allerdings viel mehr auf Menschen und vor allem andere Hunde.
Unabhängig von der Spitzfindigkeit kann ich Euch gleich beruhigen: ihr seid nicht allein! Der größte Teil unserer Einzeltrainings behandelt genau dieses Thema, es ist einfach sehr weit verbreitet. Bevor wir hier aber genauer auf das Thema eingehen, möchte ich zuvor erst noch mit einem Mythos aufräumen:
"Mein Hund ist aggressiv!"
Nein! Dein Hund ist nicht aggressiv. Es gibt ihn nicht, diesen “aggressiven Hund“. Zumindest nicht naturgemäß, sondern immer nur menschgemacht. Bei den seltenen Fällen in denen der Hund tatsächlich von sich aus aggressiv auftritt, ist der Hund meist einfach nur krank. Durch Schmerz- und Stressreaktionen oder durch Einschränkungen der Gehirnaktivitäten, wie z.B. bei Tumorerkrankungen, kann es auch auf „natürliche“ weise zu Aggressionsverhalten kommen. Der größte Teil der Hunde, die auch ein Aggressionsverhalten an der Leine zeigen, machen dies aus anderen Gründen. Auf diese gehe ich im unteren Abschnitt noch genauer ein.
Aggression als solches ist grundsätzlich erstmal nur als ein „Mittel zur Distanzvergrößerung“ wie es die Ethologin Dr. Dorit Feddersen-Petersen beschreibt. Da Hunde naturgemäß eher deeskalierend eingestellt sind, sollen körpersprachliche Mittel wie Fixieren, Knurren oder Bellen zunächst erstmal das Gegenüber auf Distanz halten. Mit diesem Hintergrund beleuchtet, sollte einem der Sinn und Unsinn der „Listenhunde“ eigentlich sofort klar sein und das ganze sogar wissenschaftlich belegt. Übrigens: den „dominanten Hund“
gibt es auch nicht. Darauf gehe ich in einem anderen Tipp später mal genauer ein.
Warum pöbelt mein Hund an der Leine?
Genau das ist die Frage die ihr Euch stellen solltet, denn die Grundlage für ein erfolgreiches und nachhaltiges Training ist die Ursachenforschung. Es gibt verschiedene Gründe warum sich ein Hund an der Leine aggressiv zeigt. Oftmals zeigt derselbe Hund im Freilauf gegenüber seinen Artgenossen ein völlig anderes Bild, ist offen und freundlich, zumindest auf den ersten Blick. Alle Ursachen haben zumindest eins gemeinsam: der Hund ist an der Leine und kann sich damit nicht frei bewegen. Und, auch wenn es viele Hundebesitzer nicht gern hören, die Ursache liegt meist am anderen Ende der Leine, bei Herrchen und Frauchen.
Angst & Unsicherheit
Ganz oft wird das Aggressionsverhalten an der Leine aufgrund von Angst und Unsicherheit gezeigt. Der Hund hat an der Leine nicht dieselben Möglichkeiten der körpersprachlichen Kommunikation, wie es im Freilauf möglich wäre. Da z.B. ein deeskalierendes Ausweichen nicht möglich ist verteidigen sich diese Hunde lieber sofort. Oftmals wird dieses Angstverhalten dann generalisiert, d.H. schon wenn ein anderer Hund auf Distanz gesehen wird, beginnt das Gebelle. Angriff als bessere Verteidigung. Diese Generalisierung kann sich dann auf Hunde mit den selben Merkmalen wie der „erste Angreifer“ beschränken, d.H. alle schwarzen Hunde, oder alle kleinen Hunde, oder alle großen Hunde, etc. oder eben einfach nur alle Hunde. Dasselbe gilt übrigens für die Aggression gegenüber Menschen. Auch hier ist oft eine negative Erfahrung die Ursache.
Wenn deinem Hund die Welt gehört
Oftmals pöbeln unsere Hunde aus territorialer Aggression. Hier geht es darum, die Umgebung, in der sich der Hund im Augenblick befindet, zu verteidigen. Ob es sich dabei dann nur um die Stamm-Gassistrecke, der Wohnblock oder sogar die ganze Welt ist, kann bei jedem Hund anders sein. Jeder andere Hund (oder Mensch) der sich dann im Territorium befindet muss vertrieben werden. Konflikte gibt es hier ganz oft vor allem mit Hunden aus der Nachbarschaft, die ähnliche Bedürfnisse haben.
Territorial motivierte Hunde zeigen das aggressive Verhalten übrigens vermeintlich oft nur an der Leine. Im Freilauf scheint auf den ersten Blick alles gut zu sein. Auch hier lohnt es sich genau auf die Körpersprache des Hundes zu achten, denn Aggression ist auch dem anderen den Weg abzuschneiden oder aufzureiten.
Dass diese Hunde im Freilauf entspannter zu sein scheinen liegt lediglich daran, dass sie ohne Leine alles prima kontrollieren und abchecken können. Sind sie dagegen an der Leine und kommen nicht an die anderen Hunde heran, drehen sie hoch und sind frustriert. Herrchen und Frauchen entscheiden sich nun aufgrund des Gepöbels oft dazu, Bello lieber an der Leine zu lassen. Wer weiß was passiert, wenn er im Freilauf ist. Der Frust wird immer größer, Bello wird immer lauter und wirkt aggressiver: ein Kreislauf.
Bei einer Sonderform der territorialen Motivation kommt dann noch die sexuelle Motivation hinzu. Hier werden dann besonders Artgenossen desselben Geschlechts innerhalb des Territoriums als Gegner angesehen. Letztlich sind Sie ja Konkurrenz bei der Findung eines Geschlechtspartners.
Wenn Du deinem Hund gehörst
Ein großer Teil der Hunde zeigt das Aggressionsverhalten an der Leine, weil Sie Ressourcen verteidigen. Dies kann der geliebte Ball oder die tollen Leckerlis sein die Herrchen und Frauchen dabei haben. Kommt jetzt ein anderer Hund zu nah, gilt es die Ressource zu sichern.
Oft sind es aber auch Herrchen oder Frauchen selbst, die durch den Hund verteidigt werden. Scheinbar ist Bello der Meinung, dass dies so sein muss, denn: verhält sich der Mensch im Alltag nicht souverän, übernimmt der Hund die Aufgabe das Rudel zu beschützen. Oftmals ist es die Inkonsequenz im Alltag die zu diesem Verhalten führt. Normalerweise darf Bello nicht aufs Sofa, außer heute, da hatte ich einen schlechten Tag. Und Essen vom Tisch gibt es auch nie, außer heute, weil Bello so süß guckt, etc.
Mischformen
Besonders schwierig wird es jetzt, wenn nicht nur eine der oben genannten Motivation, sondern eine Mischform verschiedener Motivationen die Ursache für das Verhalten ist. Hier wird es als Laie meist unmöglich die genaue Ursache herauszufinden. Vielmehr müssen durch verschiedene Testsituationen einzelne Teile nach und nach herausgefiltert und trainiert werden.
Oftmals ist das Verhalten aber schon stark ritualisiert, sodass die Ursache nebensächlich wird. Dies passiert dann, wenn Hunde das Verhalten schon über einen langen Zeitraum immer wieder ausführen. Hier ist es Bello dann fast schon egal, dass sich ein anderer Hund in seinem Territorium befindet. Es geht dabei um ein abgespeichertes Verhaltensmuster: „Ich sehe einen Hund – den muss ich verbellen“.
Therapie & Erste-Hilfe
Falls Du jetzt erwartest hier eine Anleitung zu finden, was Du machen kannst, muss ich Dich leider enttäuschen. Je nach Ursache und nach Hund muss die Verhaltenstherapie anders verlaufen, um langfristigen Erfolg zu gewährleisten. Es geht dabei auch nicht nur darum, dass Bello endlich ruhig ist, sondern auch darum, ihm Stress zu nehmen. So sehr uns Menschen das Verhalten stört, darf man nicht vergessen, dass jede Situation für den Hund ebenfalls Stress bedeutet.
Als erstes gilt es in der Therapie nun immer Ursachenforschung zu betreiben. Dies kann meist nur ein professioneller Hundetrainer richtig beurteilen und erkennen. Wenn die Ursache herausgefunden ist, wird ein individueller Trainingsplan erstellt. Individuell bedeutet, dass der Plan genauestens auf das Mensch-Hund-Team abgestimmt wird. Während des Trainingsverlaufs muss dieser immer wieder angepasst und abgestimmt werden.
Ich möchte Euch jedoch ein paar Erste-Hilfe Maßnahmen nicht vorenthalten:
- Versuche Hundebegegnungen zu vermeiden. Je öfter das Verhalten ausgeführt wird, desto stärker wird es ritualisiert. Bedeutet konkret: Kommt Euch ein Hund entgegen, dreh einfach um. Sei dabei ruhig und gelassen - dein Hund merkt es, wenn du nervös und aufgeregt bist.
- Wenn genug Platz ist: mach einen Bogen. Geh einen großen Bogen und weiche dem anderen Hund aus. In der Natur begegnen sich Wölfe immer in Bögen. Eine frontale Begegnung ist aus Hundesicht bedrohlich.
- Wenn dein Hund ein Spielzeug oder Leckerli besonders toll findet: Lenk ihn ab. Bevor er den anderen Hund sieht, kannst Du ihm das Leckerli oder Spielzeug vor die Nase halten und ihn so am Hund vorbeiführen. Pass aber auf, dass Du ihn nicht unbewusst für ein pöbeln belohnst. Wenn er bellt, knurrt, fixiert oder pöbelt gibt es natürlich kein Leckerli!
- Versuch deinem Hund ein Alternativverhalten beizubringen, z.B. könnte er dich ja anschauen während die Hundebegegnung naht. Oder er trägt einen Gegenstand, an dem er seinen Frust ablassen kann. Letzteres macht natürlich bei ressourcen-motivierter Aggression keinen Sinn.
Ob die Ursache nun Angst und Unsicherheit, Territorialität oder ressourcen-motiviert ist. Vielleicht sogar eine Mischform oder ritualisiert ist, lässt sich als Laie oftmals nur schwer erkennen. In unseren Einzeltrainings analysieren wir, mit verschiedenen Testsituationen und im Gespräch, genau das Verhalten Eures Vierbeines und klären Euch darüber auf. Sprecht uns einfach darauf an.
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