Wenn der Hund alles frisst was er findet...
„Schlurps, weg ist der Pferdeapfel. Igitt!“
Hunde haben leider einen etwas anderen Geschmack als wir Menschen. Hasenköttel? Hmmm, die schmecken bestimmt wie Salzlakritz.
Vergammelte Pizza? Großartig!
Wir Menschen können dieses Verhalten grundsätzlich nicht nachvollziehen, doch unsere Hunde finden es einfach lecker. Und wenn unsere Fellnase nicht gerade einen empfindlichen Magen hat oder eine andere Unverträglichkeit, geht es normalerweise auch recht harmlos aus. Leider machen sich aber auch immer wieder Hundehasser diesen natürlichen Hundereflex zu eigen und legen gezielt Giftköder aus. Spätestens mit diesem Gedanken schlägt beim Hundebesitzer der Herzschlag ganz schnell bis zum Hals, weiß er doch nicht was die Fellnase da so schnell vertilgt hat. War es harmlos? Oder lieber doch vorbeugend zum Tierarzt und eine „Brech-Spritze“ abholen? Hundebesitzer von „Draußen-Staubsaugern“ sind hier leidgeprüft und wissen wovon wir reden.
Letztlich ist das Aufnehmen von allem Fressbaren ein natürliches Verhalten der Hunde. Schon deren Vorfahren haben sich nicht ausschließlich von der Jagd ernährt. Oftmals war es auch Aas, sowie Beeren oder Pflanzen, die unterwegs gefressen wurden. Zudem haben Hunde auch ein völlig anderes Geschmacksempfinden als wir Menschen. Anders als beim Geruchssinn liegt hier der Mensch im Vorteil: Der Mensch besitzt etwa 9000 Geschmacksknospen, die Hunde dagegen nur etwa 1700.
Was kann ich tun?
Die meisten Hundebesitzer beginnen hier ganz schnell mit reflexartigem Einschreiten. „Nein“, „Pfui“ & „Aus“ ist hier schnell gesagt. Doch leider bewirkt dieses unter Verbot stellen in der Regel genau das Gegenteil: der Hund lernt eigentlich nur, dass er Gefundenes so schnell wie möglich runterschluckt, bevor es von Herrchen und Frauchen abgenommen wird. Das Ergebnis: ein möglicher Giftköder ist noch schneller vertilgt, als es vor dem Verbot passiert wäre. Ein Verbot ist für die Giftköder-Problematik also nicht die Lösung.
Training über positive Verstärkung
Entsprechend ist das Gegenteil die Lösung: ein Training über positive Verstärkung. Was bedeutet das jetzt für uns? Wenn das Fressen von Aufgefundenem unter Verbot steht, wird der Hund es so schnell wie Möglich abschlucken. Für den Hund muss das Auffinden also so umkonditioniert werden, dass er nicht das schnelle Auffressen als lohnenswert betrachtet. Vielmehr möchten wir, dass er uns fressbare Dinge zuvor anzeigt und erst auf unsere Freigabe darf er es fressen. Das Anzeigen muss für den Hund lukrativer sein, d.H. im Aufbau eines solchen Verhaltens muss es dafür eine gute Belohnung geben. Für den Hund ist also das Auffinden doppelt gut. Erst zeigt er es an, dafür bekommt er eine tolle Belohnung und nach Prüfung durch uns darf er sogar ggfs. das Aufgefundene vertilgen. Prima!
Grundlage: der Abruf
Damit dieses Training aufgebaut werden kann, ist eine gute Abrufbarkeit Grundvorraussetzung. Denn wenn der Hund sich schon ohne Ablenkung nicht zurückrufen lässt, warum sollte er es dann von etwas Leckerem tun? Der Hund muss also Lernen, dass er sich von Fressbarem abrufen lässt. Auch das Abstoppen ist sinnvoll, denn wenn der Hund bereits vor dem Fressbaren auf Signal stehen bleibt, ist der Rückruf wesentlich einfacher umzusetzen.
Beides jedoch hat immer die Vorraussetzung, dass wir als Mensch mit offenen Augen durch die Welt gehen und einen möglichen Köder bereits vor dem Hund sehen. Denn wenn der Hund sich zwar von Fressbarem abrufen lässt, wir als Mensch ihn jedoch nicht rufen, ist nicht viel gewonnen. Und mal ehrlich: ununterbrochen darauf achten, ob der Hund etwas findet, ist auch nicht entspannter als zuvor.
Zeige mir was du findest
Ideal ist es somit, wenn wir uns darauf verlassen können, dass der Hund auch ohne unseren Rückruf Fressbares nicht einfach frisst. Wir sollten unserer Fellnase somit also ein Anzeigeverhalten beibringen. Dieses Verhalten kann ein „Sitz“, „Platz“ oder auch ein „verbellen“ sein. Hier gibt es viele Möglichkeiten. Ziel bei allem ist es, dass der Hund nach dem Auffinden von Fressbarem das Anzeigeverhalten ausführt. Auf dieses können wir als Mensch schließlich mit dem Rückruf reagieren. Ein Spaziergang gestaltet sich damit wesentlich entspannter.
Falls es doch zu spät ist
Reagieren wir als Mensch zu spät oder hat der Hund doch mal etwas im Maul und noch nicht abgeschluckt, ist letztendlich noch ein bombensicheres „Aus“-Signal Bestandteil eines guten Anti-Giftköder-Trainings. Der Hund lernt hier auf das Signal „Aus“ jeglichen Gegenstand oder Fressbares aus dem Maul auszuspucken. Ist dieses Verhalten mit positiver Verstärkung aufgebaut worden, weiß der Hund, dass es sich lohnt auszuspucken.
Symptome einer Vergiftung
Wichtig! Bring im Zweifelsfall den Hund immer unverzüglich zum Tierarzt oder in eine Tierklinik. Manche Gifte wirken äußerst heimtückisch und zerstören ohne anfängliche Symptome lebenswichtige innere Organe. Dein Hund vertraut Dir - handel bevor es zu spät ist!
Vergiftungssymptome können je nach Gift und Konzentration vielfältig und im Einzelfall sehr unterschiedlich stark auftreten:
- Unruhe
- Erbrechen, das Erbrochene mit evtl. schaumiger Konsistenz
- Durchfall
- unregelmäßiger Herzschlag, deshalb den Herzschlag überwachen mit -> Puls prüfen
- blasses Zahnfleisch
- die Atemwege müssen frei sein -> Atemwege prüfen
- ungewöhnliche Pupillengröße, entweder stark verengt oder auch erweitert
- Blut im Urin
- Blut im Stuhlgang
- Krämpfe
- Muskelzittern
- absinkende Körpertemperatur, Temperatur überwachen!
- Apathie
- Bewusstlosigkeit
Erste Hilfe Maßnahmen bei Vergiftungen
- Merke Dir: ursächlich gegen die Vergiftung sind keine (!) notfallmedizinische Maßnahmen durch den Ersthelfer möglich -> d.H. so schnell wie möglich zum Tierarzt oder in die Tierklinik!
- Wirke beruhigend auf den Hund ein, versuche selbst nicht aufgeregt und hektisch zu sein
- Versuche auch auf andere Personen ruhig einzuwirken – Panik hilft niemandem!
- Hund anleinen
- wenn er bewusstlos ist in die stabile Seitenlage bringen
- Falls der Hund sich übergeben hat und bewusstlos ist -> Atemwege freihalten
- Die Vitalfunktionen überwachen – das Tier ggfs. wiederbeleben
- Probe des Giftes für den Tierarzt sichern / Erbrochenes sichern -> Dabei Handschuhe anziehen!
- Wichtig: Keine Maulschlinge anlegen, da plötzliches Erbrechen droht und zur Erstickung führen kann
- Wichtig: Kein Erbrechen herbeiführen! Die Situation kann dadurch verschlimmert werden: Die Atemwege könnten blockiert werden, ein schädlicher Gegenstand könnte die Speiseröhre verletzen und es geht wertvolle Zeit verloren.
Transport zum Tierarzt / in die Klinik
- wenn möglich einen Helfer organisieren, herbeirufen oder herwinken, auch ggf. auch laut um Hilfe rufen
- vorab mit Tierarzt telefonisch Kontakt aufnehmen
- sicherstellen, dass die Praxis oder Klinik geöffnet hat
- wenn der Hund gehen kann, sollte man ihn lassen
- die Fahrt zum Tierarzt sollte so schnell wie möglich erfolgen, dabei darf man aber keine unnötigen Risiken auf sich nehmen
- wenn man selbst zu aufgeregt zum Autofahren ist, sollte man jemand Anderes bitten dies zu übernehmen
- wenn sich gar keine Transportgelegenheit bietet und der Hund zu sterben droht, muss man sich überlegen bei der Feuerwehr (Tel.112) anzufragen
Weitere Infos zu unserem Anti-Giftköder-Kurs - Start im Frühjahr